Exkursionen

Exkursionen zählen zu den Standards des kunstwissenschaftlichen Studiums, so auch am Studiengang der Kunstwissenschaft in Kassel. Kai-Uwe Hemken hat im Rahmen seiner Lehre zahlreiche Exkursionen durchgeführt, die u.a. nach Wien, München, Berlin, Köln oder Düsseldorf geführt haben. Mit Studierenden der Kunstwissenschaft und Kunstpädagogik wurden vor Ort im Sinne von ‚Übungen vor Originalen‘ herausragende Beispiel der Architektur-, Kunst- und Museumsgeschichte angeschaut. 

Von besonderer Bedeutung sind Studienreisen, die über das Programm von Exkursionen (Übung vor Originalen) weit hinausgehen. Denn ausgehend von einer besonderen Themenstellungen werden darüber hinaus Gespräche mit Künstler*innen, Galeristen*innen, Kuratoren*innen, Wissenschaftler*innen und Studierenden in den jeweiligen Ländern geführt. Auf Initiative von und in Zusammenarbeit mit Kollegen der Kunstwissenschaft in Kassel wurden diese Studienreise durchgeführt, die als Reiseziele Israel, Schottland, Moskau und New York hatten. Diese Studienreise wurden von der Universität Kassel (PROMOS) finanziell unterstützt.

Israel

Prof. Dr. Kai-Uwe Hemken und Prof. Dr. Stefan Majetschak haben mit Studierenden der Kunstwissenschaft und Visuellen Kommunikation im Rahmen einer Studienreise (30.8. - 6.9.2015) Tel Aviv und Jerusalem besucht. Es werden sowohl zentrale kunstwissenschaftlich wie politisch-kulturell bedeutsame Stätten wie z.B. das Grab Theordor Herzls auf dem Herzl-Berg in Jerusalem oder die Westmauer („Klagemauer“) des ehemaligen jüdischen Zentralheiligtums besucht und vor Ort analysiert, als auch Museen der Landesgeschichte (Israelmuseum Tel Aviv) und der Gegenwartskunst (Kunstmuseum Tel Aviv) sowie mit der Kunstakademie Bezalel in Jerusalem schließlich auch eine Partneruniversität der Kunsthochschule Kassel aufgesucht. Im Vordergrund steht die zentrale Fragestellung nach der kulturellen Identität eines Landes aus der Perspektive von Geschichte und Gegenwart. In diesem Rahmen werden inhaltliche Schwerpunkte wie ‚Bauhaus in Israel’, Holocaust als Thema in der Kunst, Jüdische Kultur als Thema in kulturgeschichtlichen Sammlungen und im Kontext künstlerischen Schaffens gesetzt. Darüber hinaus wurden mit verschiedenen Kustoden*innen und Wissenschaftler*innen sowie ihren Studierenden in Tel Aviv, Ramat Gan und Jerusalem über die o.g. Thematiken diskutiert.

Zudem fanden eine Reihe von Gesprächen statt, so mit Dr. Zevi Becker, der u.a. die religiöse Verankerung des jüdischen Glaubens in die heutige Alltagskultur und jungen Generation thematisierte. In Tel Aviv wurde das Bauhaus-Viertel erwandert: Vor Ort wurde mit Prof. Yasky und Studierenden von der Bezalel University gesprochen. Sowohl die Auswanderung von jungen Bauhaus-Architekten in den 1930er Jahren wie auch die Utopien, die mit dem Kibbuz als Lebenskonzept verbunden wurden, und deren Aktualität in heutiger Zeit waren Thema. Im Kunstmuseum Tel Aviv wurde das Jüdische in der Kunst der Moderne und besonders in der Gegenwartskunst erörtert; neben einer Werkbetrachtung in der Schausammlung diskutierten wir mit der Kuratorin für Gegenwartskunst, Dr. Ruti Direktor. Ein weiteres Gespräch fand mit Prof. Mijam Rajner von der Bar-Illan Universität in Ramat gan statt: Sie ist spezialisiert auf die Fragestellung des spezifisch Jüdischen in der Kunst des 20. Jahrhunderts.

Ein wichtiger Bestandteil der Reisevorbereitung war eine Kurzexkursion nach Berlin Ende Mai 2015: Besuch des Jüdischen Museums mit anschließendem Gespräch mit der stellvertretenden Direktorin dieses Ausstellungshauses, Cilly Kugelmann, und der Ausstellung „Tel Aviv Museum of Art visits Berlin“ im Gropius-Bau sowie die Teilnahme an einer Kabbalat Shabbat-Feier in der Synagoge Rykestr./Berlin.

Den Hintergrund für die geplante Studienreise stellt die Kooperation der Kunsthochschule Kassel mit der Kunstakademie Bezalel in Jerusalem und dar. Zielpunkt der Studienreise ist der Erwerb elementarer Kenntnisse der Kunst und Kultur des Landes und der interkulturelle Dialog zum Thema ‚jüdische und israelische Identität in der Gegenwart’. Die Aneignung kunsthistorischen Wissens stellt zunächst die Grundlage der Studienreise dar: Die Analyse von Bauten (Grabeskirche, Westmauer) in der Altstadt von Jerusalem, der Herzl-Berg und die Gedenkstätte Holocaust Yad  vaShem. An einem weiteren Reisetag wird in Jerusalem das Israel-Museum besucht, wo wir u.a. den Schrein des Buches anschauen werden.

Es war ein zentrales Anliegen der Projektleiter, dass nicht nur kunstwissenschaftliche Kenntnisse erworben werden, sondern dass die Studierenden eine elementare Erweiterung ihres Erfahrungsschatzes erleben. Die Begegnung der jungen Generationen in Deutschland und Israel bedeuten das Kennenlernen und Wertschätzen einer anderen nationalen wie kulturellen Identität und nicht zuletzt die Befragung der eigenen Identität. Besonders diese Aspekte betreffen die gemeinsame leidvolle Geschichte der deutschen und jüdischen Kultur, so dass ein weiterer Baustein für eine gemeinsame Erinnerungskultur gelegt wird, die sich in die jüngere Generation fortschreibt.